Entschuldigung! Gehts hier zu den Perversen?
Nun war es soweit! Es war einer dieser Tage, an denen ich Mut genug hatte,
einem Löwen den Kopf in den Rachen zu stecken. Monatelang hatte ich Bücher gewälzt,
mich durch Webseiten gefressen und FAQs gelesen. Heute wollte ich endlich Gleichgesinnte
kennenlernen. Von den Webseiten der AG SMöff wußte ich, welche Anlaufstellen es in
Berlin gibt. Die schwule Gesprächsgruppe fiel aus. Die Hetero Gesprächsgruppe ... in mir
keimten Bilder auf, die mich in eine große Gruppe Fremder stoßen ließ, die im Kreis
zusammensaßen, gedämpft redeten und den Neuling alle anstarrten und abschätzten ...
Also das war irgendwie auch nicht das Richtige.
Da war noch das Café SMalltalk. Das Wort Café ließ in mir Assoziationen
mit dem gemütlichen Café in meiner Heimatstraße aufsteigen. Hell, freundlich,
Holzfußböden und bunte Wände, freundliche Bedienungen und ein legendärer schwuler Koch
... Mit anderen Worten ... ich wollte mich in dieses Café wagen, mir einen ruhigen Tisch
suchen, mich umschauen und hoffentlich ("Alle Götter ja bitte laßt es
geschehen") auch mit Gleichgesinnten ins Gespräch kommen.
Also stieg ich aus meiner Hausbesetzerkluft, stopfte meine Rundungen in
ein schwarzes Kleid aus T-Shirtstoff und zog mein geliebtes grünes Häkeloberteil
darüber. Kurz, ich war für meine Verhältnisse schon richtig aufgetakelt, ich bin fast
sicher, ich hatte sogar frisch gewaschene Haare ;-).
Ich machte mich auf den Weg zur S-Bahn und stieg in die nächste Richtung
Savignyplatz. Vor dem Losgehen hatte ich mir kurz auf dem Stadtplan angeschaut, wo das
Café etwa liegen sollte. Die Gegend um den Savignyplatz kannte ich nur von samstaglichen
Besuchen. (Raus aus der S-Bahn, rein in den Kiepert und ein paar Stunden später mit einer
schweren Büchertüte wieder raus aus dem Kiepert zur S-Bahn :-)
Dort angekommen zuckelte ich unruhig in die Richtung los, die ich auf dem
Stadtplan als die richtige ausgemacht hatte. Mit jedem Schritt stieg die Angst vor der
eigenen Courage. Ich verfranzte mich etwas in dem Straßengewirr und schaute mich ständig
suchend um nach dem Café meiner Phantasie ... das mir freundlich leuchtend meinen Weg
weisen sollte.
Ich war in einer Straße angekommen, in der sich ein paar häßliche 70er
Jahre Bausünden wieder mit Altbauten abwechselten und ließ meinen Blick über die andere
Straßenseite schweifen. Dort war ein schmaler Laden mit Alurolläden. Hinter den
Schlitzen dieser Rolläden sah man im Schummerlicht Gestalten. Ich dachte mir: "Nein,
das kann es nicht sein" und entzifferte im Halbdunkel das Schild über dem Laden ...
doch tatsächlich, das Schild lautete "Café SMalltalk". Meine Phantasie von dem
hellen freundlichen Café verabschiedete sich hastig und zog sich wahrscheinlich auf die
Bermudas zurueck.
Außer den Alurolläden hatte der Laden noch eine stabile Metalltür mit
Guckfenster. Die Personen im Laden waren offensichtlich alle in martialisches Leder
gewandet. Mein Mut nahm flugs den selben Weg wie meine Vorstellung von einem freundlichen
Café. Und ich selbst war ziemlich schnell wieder am S-Bahnhof. Das Treffen mit
Gleichgesinnten war auf unbestimmte Zeit verschoben.
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