Mitte Mai 1999 - die BitterSweet-Listenparty in Hamburg steht an. Christi
Himmelfahrt und ein anschließender freier Freitag in meiner Firma ermöglichen ein
verlängertes Wochenende in der Hansestadt. Meine Begleiterin und ich beschließen, daß
wir die lange Strecke von der bayrischen Landeshauptstadt in den hohen Norden so schnell
und bequem wie möglich hinter uns bringen wollen. Das bedeutet: kein Auto, keine Bahn -
es wird geflogen. Die Flugpreise sind nahezu unschlagbar günstig und so müssen wir für
Hamburg und wieder zurück gerade mal DM 230, pro Person hinlegen. Als guter
Sadomasochist verreist man natürlich nicht ohne "Tools and Toys", schon gar
nicht zu einer SM-Party. Und als Handschellen-Fan dürfen meine besten Stücke natürlich
ebenfalls nicht fehlen. Also rein mit meinen schweren "Clejuso Nr. 8"
Fußschellen und den noch schwereren "Clejuso Nr. 15" Handschellen - auf die
knappen drei Extrakilo kommt es auch nicht mehr an. Mir ist bekannt, daß man derartige
Stücke nicht im Handgepäck transportieren darf - schließlich könnte man ja das
Personal damit fesseln und das Flugzeug entführen. Also rein damit ins Eincheck-Gepäck
und das sollte es eigentlich gewesen sein.
Oder auch nicht. Vor dem Einchecken müssen wir unser Gepäck durchleuchten lassen. Mir
schwant Übles und es kommt, wie es kommen muß - der Sicherheitsmann am Röntgengerät
meint: "sie haben da etwas Größeres, Metallisches im Gepäck. Was ist das?".
Ich erwidere cooler, als ich mir das zuvor hätte vorstellen können: "Ich schätze,
das sind meine Handschellen." "Das kann nicht sein - das ist zu schwer für
Handschellen". "Die sind schwer ... wirklich schwer!" "Machen sie doch
mal bitte die Tasche auf!"
Nun schaut seine Kollegin genau, was ich in meiner Tasche habe. Dummerweise plazierte
ich die Fesseln ziemlich tief. Zuoberst liegen nun erst einmal die hochhackigen Stiefel
meiner Begleiterin, die in deren eigener Tasche keinen Platz mehr fanden. Wärend ich noch
überlege, ob die Sicherheitsdame nun vielleicht denkt, daß ich in derlei Schuhwerk
rumlaufe, fragt ihr Kollege: "Wofür brauchen sie eigentlich Handschellen?"
"Wir gehen in Hamburg zu einer Party." "Na das mag ja eine Party
sein!" Ich grabe weiter in meiner Tasche. Ans Tageslicht kommt ein Halsband, eine
Hundeleine, eine Riemenpeitsche mit ein Meter langen Strängen und endlich auch meine
Hand- und Fußschellen. Die Sicherheitsdame inspiziert sie lässig, bemerkt mein
Unwohlsein und raunt uns lächelnd zu: "Ich habe ja zuhause auch Handschellen - aber
das muß nicht jeder wissen". Glücklicherweise sind wir die einzigen bei der
Kontrolle, so daß niemand Drittes etwas mitbekommt. Endlich ist die Prozedur überstanden
und die Sicherheitsleute wünschen uns noch einen guten Flug und eine schöne Party.
Später ärgern wir uns, daß wir die Sicherheitsdame nicht gleich zu unserem Münchner
Stammtisch eingeladen haben, aber vielleicht sehen wir sie ja ein andermal wieder und
können das nachholen.
Meine Begleiterin meint, daß nur das Münchner Flughafenpersonal so streng
kontrolliert und uns das beim Rückflug wahrscheinlich nicht passieren wird. Pustekuchen!
Drei Tage später am Hamburger Flughafen genau die gleiche Geschichte. Die Kontrolle ist
sogar noch strenger - jetzt muß auch meine Begleiterin ihre Tasche öffnen und ihre
Ledermanschetten vorzeigen. Diesmal habe ich wenigstens meine Hand- und Fußschellen ganz
obenauf in meine Tasche gelegt, so daß die Kontrolle relativ schnell und vergleichsweise
harmlos überstanden ist.
Aber nun folgt der Hammer beim Check-In. Wir irren uns in der Abflugzeit und verpassen
prompt unsere Maschine. Und so kommen wir auf die Warteliste. Das Üble daran ist, daß
wir nun unser Gepäck nicht einchecken können und alles als Handgepäck mitnehmen
müssen. Handschellen im Handgepäck?! Nun denn! Ich passiere den Metalldetektor ohne
Probleme - meine Tasche nebenan natürlich nicht. Und wieder aufmachen - mittlerweile bin
ich es ja gewöhnt, will eigentlich nur noch endlich nach hause und verkrampfe mich schon
kaum mehr. Da ist es auch schon egal, daß die Sicherheitsleute einen Polizisten
herbeirufen, dieser mit meinen Fußfesseln vor allen wartenden Leuten in der Luft
rumwedelt und keiner genau weiß, was jetzt geschehen soll. Eine weitere hinzugekommene
Sicherheitsdame, die beim Anblick meiner Fußschellen gleich einen kleinen Satz nach
hinten macht, meint schließlich, daß die Dinger gesondert eingecheckt gehören und in
den Frachtraum des Flugzeuges müssen. Nun werden sie in ein rotes, gefüttertes Kuvert
mit der Aufschrift "Checked Baggage" gesteckt und wir können endlich rein und
auf unseren Abflug warten.
Wieder in München stehe ich bei der Gepäckausgabe und beobachte das Förderband.
Koffer fahren an mir vorbei, Taschen, Tüten und Einzelteile - nur mein rotes Kuvert kommt
und kommt nicht. Schließlich wird das Zuliefer-Band gestoppt und nichts Neues gelangt
mehr in den Kreislauf. "Na toll", denke ich mir. "Jetzt darf ich zum
Gepäckschalter und eine Vermißtenmeldung für ein Kuvert mit Hand- und Fußschellen
aufgeben!". Aber während ich mich gerade zu diesem Schalter begebe, kommt ein Mann
mit einem Karren voll Gepäckstücken angefahren. Und auf diesem Karren leuchtet es mir
schon rot entgegen. Ich reiße mich zusammen, nicht wie ein Irrer hinzustürmen, sondern
grüße erst einmal freundlich und meine "das Kuvert da ist meins". Der
Gepäckmann gibt es mir und bemerkt "ganz schön schwer!", was mir nur ein
kurzes "Ja, ist es!" entlockt. Ich glaube, das nächste Mal fahre ich entweder
mit der Bahn oder begnüge mich mit meinen schönen Lederfesseln, die ich in Hamburg
erwarb.
M, 29 |