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Ich hatte einige Wochen auf dem IRC-Channel #bdsm.de zugebracht und mich mit [zensiert] getroffen, die mir gut zuredete, zum ersten Mal den monatlichen Channelstammtisch zu besuchen. Die vielen Stunden im IRC kamen mir noch privat und nicht erzählenspflichtig vor; ein Stammtischbesuch nicht mehr: der Freund mußte aufgeklärt werden. Wir waren zu diesem Zeitpunkt seit anderthalb Jahren zusammen.

Ich schob die Sache einige Zeit vor mir her. Nachdem ich einen ganzen Tag lang alle fünf Minuten "jetzt, jetzt sag ichs ihm" gedacht hatte, sagte ich schließlich abends im Bett nach langem Seufzen und Herumdrucksen zu ihm: "Ich muß dir was erzählen, das eventuell dazu führen kann, daß du mich verstößt" und berichtete dann alles von A bis Z - von den sonderbaren Phantasien, die ich schon als Kind hatte, bis hin zu den netten, normalen Leuten, die sich offenbar auf #bdsm.de herumtrieben. Er nahm es friedlich auf und sagte nur etwas wie "jaja, ich hab auch sowas". Auf Nachfragen erläuterte er dann unter ähnlichem Herumdrucksen, daß er einen lustigen Fetisch sein eigen nennt, den ich hier aus Gründen der Diskretion nicht näher erörtern will. Ich fühlte mich irgendwie betrogen; so als hätte er gesagt "jaja, ich bohr auch ab und zu in der Nase". Mir kam seine Perversion so harmlos, niedlich und unschuldig vor, meine dagegen finster und unverzeihlich, aber de facto hatte er natürlich unter seinem geheimen Fetisch vermutlich nicht anders gelitten als ich unter meinen Interessen.

In der Folge experimentierten wir mit seinem Fetisch, der mir zwar anfangs eher gleichgültig war, dann aber doch ausgesprochen gut gefiel, während er mit SM leider gar nichts anfangen konnte. Etwa ein halbes Jahr später trennten wir uns - nicht zuletzt deswegen - gingen aber nach einer kurzen Pause weiter miteinander ins Bett. Inzwischen betrachtete er meine Vorliebe für SM gelassener, weil er sich langsam an den Gedanken gewöhnt hatte und auch, weil sich die Lage durch die Trennung entspannt hatte - er war nicht mehr gezwungen, sich damit zu beschäftigen. Irgendwann fragte er mich sogar, was er denn so im Bett tun könnte, um mir in der Hinsicht entgegenzukommen, was mich sehr rührte. Es kam dann doch zu keinen Experimenten, aber insgesamt wurde unser Sexualleben durch die beiden Geständnisse erfreulicher und wir konnten offener über unsere Vorstellungen sprechen. Dabei fand ich auch lange Zeit später noch die überraschendsten Dinge heraus - und unsere Kommunikation war eigentlich vorher schon ziemlich gut gewesen. Bis diese angenehmen Wirkungen einsetzten, mußten allerdings wie gesagt einige Monate ins Land gehen. Ich ziehe folgende Schlüsse daraus:

  • Auch ein Partner, den man gut kennt und mit dem man ein unterhaltsames Sexualleben führt, kann die interessantesten Geheimnisse haben
  • So eine Eröffnung muß sich erst langsam setzen und das kann schon mal einige Monate dauern
  • Auch ein Coming-Out vor dem Partner, der sich weiterhin komplett weigert, sich mit SM zu befassen, kann angenehme Auswirkungen haben

F, 28

 

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