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Irgendwie bist du hier falsch ...

Mit 19 hatte es mich von zu Hause, einem miefigen 700-Seelen-Nest, weggetrieben. Gelandet war ich (von mir durchaus beabsichtigt) in der Ostberliner Hausbesetzer- und Autonomenszene. Wer sich nur am Rande mit dieser Szene auskennt, weiß, daß bedauerlich viele ihrer Mitglieder Sex mit Sexismus verwechseln und es wohl kaum ein sexualitätsfeindlicheres Umfeld gibt. Auch wenn sich in manchen (seltsamen) Bevölkerungsgruppen die Vorstellung gehalten hat, daß die Besatzung besetzter Häuser mindestens alle 2 Tage eine Riesenorgie abfeiert ... dem ist nicht so.

Gesprochen wurde über das Thema wenig und schon gar nicht über lustige ausgefallene Praktiken. Die von der Pubertät mitgeschleppten Phantasien lebte ich zu der Zeit hauptsächlich dadurch aus, das ich die alten zittys in meinem Zimmer hortete und gelegentlich starr, grauenergriffen die "Harte Welle" durchlas. Natürlich heimlich bei abgeschlossener Zimmertür.

Nun begab es sich, daß sich der weibliche Teil der Bewohner mehr oder weniger regelmäßig im Zimmer unserer Quotenlesbe (Modell Männertod) traf. Eines Tages kreiste das Thema um Kunst. Ich weiß nicht mehr, wie wir darauf gekommen sind, aber irgendwann erzählte uns eben diese Lesbe mit wutvibrierender Stimme über einen Künstler, der mit Stacheldraht gefesselte Frauen fotografierte und das Ganze als Kunst vermarktete. Auf dem Gipfel ihrer Empörung angekommen meinte sie: "Wartet, ich such euch die Artikel raus". Worauf sie in ihrem umfangreichem Emma-Stapel zu wühlen begann.

Ich wippte auf dem Gymnastikball unserer Gastgeberin ein bißchen unruhig hin und her und dachte "Oh toll, sind da auch Bilder dabei" In dem Moment traf mich eine Art mentaler Gongschlag und ich wußte auf einmal sicher, daß ich irgendwie anders war und mir das nur nie eingestehen wollte. Nach diesem Ereignis besorgte ich mir anfangs verschämt (peinlich berührt bei Zweitausendeins 'Mut zur Demut' gekauft), später immer offener (die Trierer Studie in der Amerika Gedenk Bibliothek ausgeliehen) Material zu dem Thema. Bis ich nach 2 Jahren endlich sicher war, daß ich nur als SMlerin weiterleben wollte und erste Schritte nach außen wagte ... aber das ist wieder eine andere Geschichte :)

F, 27

 

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